Die Gesellschaft scheint bei dem Thema Hundeanschaffung sehr zwiegespalten zu sein. Glück hat, wer bereits in Kindertagen von seinen Eltern den Wunsch nach einem vierbeinigen Gefährten erfüllt bekommen hat. Ich gehöre nicht dazu.
Ich hätte nun also an meinem 18. Geburtstag direkt losrennen und mir einen Hund zulegen können. Aber das war einfach nicht der richtige Zeitpunkt. So viel Vernunft war in meinem Hirn bereits vorhanden, obwohl ich mir zu keiner Zeit in meinem Leben etwas sehnlichster gewünscht habe, als einen Hund. Doch ohne familiären Rückhalt wäre ich zu dem Zeitpunkt einfach aufgeschmissen gewesen. Ich wusste nicht, wo ich landen würde, ich wusste ja nicht mal, wie es in direkter Zukunft weitergehen sollte. Und es sollte noch 8 Jahre dauern, bis der richtige falsche Zeitpunkt kam.
Der richtige Zeitpunkt
Um einmal jedem die Illusion zu nehmen, ich bin der festen Überzeugung, dass es „den richtigen Zeitpunkt“ nicht gibt. Es gibt aber falsche Zeitpunkte.
Grundsätzlich kann es im Studium super passen, sich einen Hund anzuschaffen, wenn die Umstände stimmen und das jeweilige Studium mit einem Hund vereinbar ist. Da ist natürlich eine große zeitliche Komponente, die von Studiengang zu Studiengang und auch Student zu Student total verschieden sein kann. Der eine lernt in der Klausurenphase mal ein paar Stunden mehr und schafft sein Studium dann auch so locker nebenbei, hat kaum Pflichtvorlesungen und damit eine Menge Zeit für einen Vierbeiner.
Wenn ich mir Medizinstudenten und deren Stoff so ansehe, dann wage ich zu bezweifeln, dass da, zumindest in den ersten Semestern, irgendwo noch Zeit für einen Hund bleibt (aber auch das mag bei dem ein oder anderen möglich sein).
Die räumliche Komponente ist natürlich auch nicht außer Acht zu lassen. Wohne ich in einer Wohngemeinschaft, müssen zumindest alle mit einem Hund einverstanden sein, ein Jackpot ist es natürlich, wenn alle mit anpacken wollen und bestenfalls unterschiedliche Vorlesungszeiten haben, sodass immer jemand mit dem Hund eine Runde drehen kann.
Lebe ich alleine, stellt sich die Frage, wer den Hund womöglich in längeren Vorlesungsperioden rauslassen könnte oder ob in der Uni vielleicht sogar Hunde erlaubt sind (eher die Ausnahme, aber es gibt sie!).
Wohne ich noch Zuhause, muss natürlich die Familie mitspielen, das kann dann aber auch ein großer Pluspunkt bei der Betreuung sein.
Entweder man will es wirklich…
… oder man sollte die Finger davon lassen. Und es „wirklich wollen“ bedeutet in diesem Fall alle Einschränkungen und Abstriche hinzunehmen und nicht bei Schwierigkeiten das Handtuch zu werfen. Ein Hund schränkt ein! Das ist so und das wird sich auch nicht ändern. Es ist vielleicht in den letzten Jahren weniger geworden, da es immer mehr Möglichkeiten gibt seinen Hund mitzunehmen, sei es in den Urlaub oder ins Büro. Dinge, die beispielsweise mit der Anschaffung eines Hundes wegfallen oder sich deutlich schwieriger gestalten durch Hundesittersuche, Geld oder Zeitmanagement wären:
- Spontane Kurztrips per Flugzeug
- Reisen in ferne Länder mit anderem Klima
- Spontane Übernachtungsparties
- Durchzechte Nächte
- Umzüge
- Jobwechsel
- Jobsuche
- teilweise Restaurantbesuche, Ausflüge in den Tierpark, ins Museum o.ä.
Eine Kostenfrage
Ja, was
Diese Frage lässt sich pauschal leider nicht beantworten, man kann sich der Antwort aber nähern. In jedem Punkt der Hundehaltung kann man natürlich entweder Unmengen an Geld investieren oder eine Sparflammenvariante wählen. Ich versuche einmal Klarheit zu schaffen und rechne vor, was mich mein 15kg Hund so kostet bzw. bis jetzt gekostet hat.
Bereits die Anschaffungskosten können natürlich sehr variieren, ein Hund aus einem ungeplanten Wurf oder aus dem Tierheim dürfte so bei 250€ liegen, aus dem Ausland eventuell durch die Reisekosten schon bei 350€, vom seriösen Züchter sind es schnell mal 800€ – 1.500€.
Beim Züchter bekommt man eventuell noch Futter für die erste Zeit und eine Erstausstattung mit. Sonst laufen für Halsband, Leine, Futter- & Wassernapf, Körbchen und Spielzeug und den ersten Sack Futter bereits locker die ersten 100€ – 150€ auf, mit Potential nach oben.
Bei Yokas Ernährung habe ich mich für ein Mittelmaß entschieden, welches ca. 1€ am Tag kostet. Da sind natürlich, besonders nach oben, quasi keine Grenzen gesetzt und je nach Größe des Hundes können da schon noch einige Euronen mehr nötig sein. Ihr Labradorfreund verfuttert beispielsweise knapp 5€ am Tag. Je nach Größe des Hundes müssen also mind. ca. 20€ – 100€ monatlich für Hundefutter einkalkuliert werden.
Steuern sind in den Gemeinden recht unterschiedlich, es gibt tatsächlich welche komplett ohne Hundesteuer, die kann aber bei einem Rottweiler in Hamburg auch bereits 600€ betragen. Für Ayoka zahle ich jährlich 90€.
Eine Hundehaftpflichtversicherung ist mittlerweile in vielen Bundesländern Pflicht, auf jeden Fall in allen empfohlen. Die ca. 7€ monatlich fallen nicht allzu sehr ins Gewicht, aber der Vollständigkeitshalber möchte ich sie doch erwähnen.
Ja und nun mein Lieblingsthema, der Tierarzt. Ich bin sehr naiv an das Thema Tierarztkosten herangegangen und einfach davon ausgegangen, dass mein Hund nie etwas haben wird und lediglich zum Impfen in die Praxis muss. Alle Welt spricht ja auch immer von dem ach so gesunden Mischling, der diese ganzen Zuchtkrankheiten nicht hat und viel robuster ist. Dazu kann ich nur sagen: Pustekuchen! Ayoka hat mich (bzw. mittlerweile die Versicherung) in den 1,5 Jahren, die sie jetzt bei mir ist, bereits über 1.000€ an Tierarztkosten gekostet. Ihr Immunsystem ist eine Katastrophe, Ursache unklar. Sie nimmt alles mit, was sie kriegen kann, Pilzinfektionen, Erkältungen und besonders beliebt sind die verfluchten Giardien. Ihr Blutbild ist top.
Gerade Studenten würde ich empfehlen eine Tierkrankenversicherung für ca. 40€ im Monat abzuschließen, da die Kosten einfach nicht kalkulierbar sind. Wenn sich der Hund als robust erweist, kann man immer noch auf eine reine OP-Versicherung wechseln, die deutlich günstiger ist.
Grob gerechnet hatte ich vor ihrem Einzug mit so 50€, geworden sind es lockerflockige 100€ im Monat. Meist wird das sogar noch übertroffen, denn bis jetzt gab es doch immer noch „Erstanschaffungen“ (Wintermantel, denn das griechische Tier friert bereits ab unter +10 Grad, Leuchthalsband, Packtaschen zum Wandern, Hundebox, Geschirr, Schleppleine, etc.), die das monatlich eingeplante Budget gesprengt haben. Für jemanden, der notorisch knapp bei Kasse und nicht bereit ist, zurückzustecken, empfiehlt sich die Anschaffung eines Hundes also eher nicht.
Ja was denn nun? Hund oder kein Hund?
Möchte ich gerade allen ausreden sich einen Hund anzuschaffen? Nein, auf keinen Fall. Aber ich möchte jeden, der mit dem Gedanken spielt, dazu anregen ehrlich zu sich selbst zu sein und sich die folgenden Fragen vor der endgültigen Entscheidung zu stellen:
- Habe ich die Kraft und die Muße für unvorhergesehene Probleme immer wieder eine Lösung zu suchen?
- Möchte ich einen (nicht unerheblichen) Teil meiner Freiheiten zugunsten eines Hundes aufgeben?
- Habe ich den verlässlichen, sozialen Rückhalt durch Familie, Freunde, Freundesfreunde, Verwandte, um in Notfällen schnell eine akzeptable Lösung finden zu können?
- Habe ich oder meine Familie die finanziellen Sicherheiten einen Hund tierärztlich betreuen zu lassen, sollte dies notwendig sein?
Übergangslösung
Stellst du gerade fest, dass du vielleicht doch noch nicht bereit für einen eigenen Hund bist? Ich finde es ziemlich großartig, dass du dir das eingestehen kannst! Komplett auf einen Hund verzichten muss man deswegen auch noch lange nicht. In fast jeder Stadt sind die Tierheime froh, wenn regelmäßig jemand vorbei kommt, um mit den Tierheiminsassen spazieren zu gehen. Vielleicht kannst du auch einen Tierschutzverein aus dem Ausland als Pflegestelle während der Semesterferien unterstützen. Oder über andere Studenten oder den guten alten Supermarkt jemanden finden, der Unterstützung bei der Betreuung seines Vierbeiners gebrauchen könnte.
Ich für meinen Teil bin in keiner der 5 Städte, in denen ich gelebt habe, lange ohne Hund geblieben. Es ist nicht das gleiche, wie einen eigenen Hund zu haben, aber es ist eine faire Übergangslösung – für beide Seiten.